Unterstützung beim Lernen

Hausaufgabenbetreuung für Romakinder
in Caransebes, Rumänien

Das Projekt Unterstützung beim Lernen für Kinder aus armen Familien im rumänischen Caransebes fördert momentan achtzehn Kinder aus sozial und wirtschaftlich benachteiligten Familien, von denen die meisten zu den Roma gehören. Es bietet für Grundschüler Hilfe bei den Hausaufgaben, täglich eine warme Mahlzeit, regelmäßige Möglichkeit zur Körperpflege und saubere, intakte Kleidung.

Die pädgogische Betreuung der Kinder wird zurzeit von einem Lehrerehepaar, einer pensionierten Sonderschullehrerin und zwei weiteren Lehrerinnen gewährleistet, die alle für eine Aufwandentschädigung von zwei Euro pro Stunde arbeiten. Unterhalten wird das Projekt bisher ausschließlich durch private Geld- und Sachspenden.

Neben der Betreuung der Kinder gibt es einmal im Quartal ein Treffen der Mütter, um über besondere Probleme beziehungsweise die elterlichen Verantwortlichkeiten zu sprechen. Viele der Eltern sind funktionelle Analphabeten, haben meist nur phasenweise Arbeit und Probleme mit Alkohol oder anderen Drogen. Im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten des Projektes werden Eltern auch bei Problemen mit den staatlichen Behörden beraten oder unterstützt. Immer wieder müssen in besonderen Notfällen (z.B. kein Feuerholz im Winter) im Einzelfall punktuelle finanzielle Hilfen für diese Familien geleistet werden.

Einmal jährlich wird in den Sommerferien eine Ferienfreizeit für die Kinder organisiert. In den letzten Jahren fanden diese Freizeiten immer in der Nähe von Caransebes statt. Um den Horizont der älteren Kinder zu erweitern und ihre sozialen und interkulturellen Kompetenzen auszubauen, fand im August 2006 ein Zeltlager in Heiligenstadt (fränkische Schweiz) statt. Die Fahrtkosten wurden vom Katholischen Fonds finanziell unterstützt. Die Kinder hatten 2006 die Grundschule abgeschlossen und gehen nun auf eine weiterführende Schule.

Zunächst war geplant, die Schüler/innen der weiterführenden Schule nur noch sporadisch im Hausaufgabenprojekt zu betreuen. Es stellte sich aber schnell heraus, dass die Kinder weiter Unterstützung benötigen, weil den meisten der Wechsel auf die neue Schule schwer fällt und sie den Anforderungen allein nicht gewachsen sind. Zusätzlich zu den gehobenen Ansprüchen in allen Basisfächern, sollen die Kinder nun auch in Nachmittagsunterricht die Roma-Sprache Romani lernen, obwohl keines der Kinder die Sprache spricht. Auch in den Familien der Kinder wird Romani nicht benutzt, so dass sie zu Hause diese neue Sprache nicht einüben können. Die Einführung dieses Unterrichtsangebotes ist vor dem Hintergrund der Stärkung der Roma-Minderheit und deren Identität eine vielleicht politisch begrüßenswerte Initiative – für die Kinder ist es erst einmal eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Selbstverständlich müssen die Kinder auch am regulären Fremdsprachenunterricht in Englisch und Französisch teilnehmen. Das heißt, dass sie mit Beginn der weiterführenden Schule gleich drei Fremdsprachen lernen sollen.

Projekthintergrund

Die Kleinstadt Caransebes (ca. 30.000 Einwohner) liegt etwa 100 Kilometer südöstlich von Timisoara an dem Fluss Timis in der historischen Region Banat und dem heutigen Kreis Caras-Severin.
Die wirtschaftliche und soziale Situation in Caransebes ist seit Jahren angespannt und die Arbeitsmarktsituation ist schlechter als zum Beispiel in der Nachbarstadt Lugoj. In Caransebes gibt es daher besonders viele Familien, die keine Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Kinder, deren Eltern arbeitslos sind, leben häufig unter schlechteren Bedingungen als Kinder im Heim. Ihre Ernährung ist meist sehr unzureichend, da sie fast ausschließlich aus Weißbrot besteht.

Ein Tagelohn beim Bauern oder auf einer Baustelle bringt umgerechnet circa zehn Euro Verdienst. Sozialhilfe beträgt monatlich etwa 20 Euro pro erwachsenem Familienmitglied, Kindergeld zwölf Euro pro Kind. Sozialhilfe und Kindergeld werden nur an Personen gezahlt, die bestimmte Kriterien erfüllen. Da in armen Familien die Geburt der Kinder oft nicht amtlich dokumentiert ist, weil die Eltern ihre Kinder nicht offiziell angemeldet haben, besteht auch kein Anspruch auf staatliche Hilfe.

Die Energiepreise steigen alle drei Monate, Fett und Fleisch kosten soviel wie in Deutschland oder etwas mehr, saisonales Obst und Gemüse kann zeitweise preiswert sein, im Winter gibt es Weißkohl, der dann gegen Ende des Winters teuer wird. Der Preis für Brot ist noch subventioniert – so kosten 750 Gramm Weißbrot 30 Cent.
Viele der benachteiligten Familien leben in Abbruchhäusern oder Bauruinen, ehemaligen Ställen oder Bretterbuden ohne Wasseranschluss oder Elektrizität. Eine Möglichkeit, Lebensmittel zu kühlen, gibt es nicht. Wenn die Notunterkunft von der Kommune zugewiesen wird, muss für eine solche Unterkunft von der Sozialhilfe auch noch eine Miete gezahlt werden.

Nicht wenige Kinder werden von ihren Eltern zum Betteln geschickt, da sich vom erbettelten Geld wenigstens das tägliche Brot bezahlen lässt. Oft sieht man Menschen, auch Kinder, die sich Lebensmittel aus dem Abfall suchen. Kinder, die betteln, gehen meist nicht zur Schule. Auch der Mangel an ausreichender Bekleidung und an notwendigem Lernmaterial kann ein Grund dafür sein, nicht zur Schule zu gehen. Die Abwesenheit von der Schule wird weder von den Lehrern noch von den Eltern besonders beachtet.
Eine weitere Schwierigkeit für die Menschen in Rumänien ist die schlechte medizinische Versorgung. Es gibt zwar ein staatliches Gesundheitssystem mit so genannten Familienärzten – diese haben aber derart geringe Einkünfte, dass sie von den Patienten ein zusätzliches „Honorar“ erwarten. Das bedeutet, dass der, der nicht bezahlen kann, auch nicht behandelt wird.
Das öffentliche und private Leben funktioniert sehr oft mit Hilfe von Geld- oder Sach„geschenken“ – ein Umstand, der von den meisten Rumänen noch immer als „normal“ angesehen wird; auch von denen, denen die finanziellen Mittel fehlen, um solche „Geschenke“ machen zu können.

Projektgeschichte

Das Projekt „Unterstützung beim Lernen“ existiert seit September 2002. Es ist aus einer Rumänienhilfsaktion mehrerer Ratinger Familien entstanden, die seit 1990 – motiviert durch die Berichte über die menschenunwürdige Situation in rumänischen Kinderheimen nach dem Sturz Ceausescus – versuchten, durch materielle und ideelle Hilfe die soziale und wirtschaftliche Situation zuerst in den Heimen und später von armen Familien in Caransebes zu verbessern. Durch diese Hilfsinitiative entstanden in Caransebes Kontakte, die letztlich zum Aufbau des „Hausaufgaben-Projektes“ durch ein deutsches Ehepaar (beide pensionierte Sozialarbeiter) führten.
Seit Mai 2005 kooperieren die Gründer und Betreiber des Projektes mit justiceF, um das Projekt einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen und institutionelle Fördermöglichkeiten nutzen zu können. In Absprache mit den Projektmitarbeiter/inne/n sollen zukünftig das know-how und die Vernetzungsmöglichkeiten von justiceF zur Weiterentwicklung des Projektkonzeptes genutzt werden. Zurzeit suchen wir eine Finanzierungsmöglichkeit für die Stelle eines/r Projektkoordinators/in (für ca. zwei Jahre), da die bisherige ehrenamtliche Projektleitung diese Arbeit aus Altersgründen abgeben möchte. Für Hinweise auf eine solche Finanzierungsmöglichkeit wären wir sehr dankbar. Sollten Sie Informationen zu diesem Thema haben, melden Sie sich bitte unterDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Im September und Oktober 2005 konnte die Münsteraner Studentin Daniela Sikorski ein Projektpraktikum in Caransebes absolvieren, lesen Sie hier Ihren persönlichen Bericht.

Die zweite "offizielle" Parktikantin im Projekt, Tina Arlt, hat im Februar und März 2006 ein außerschulisches Praktikum im Rahmen ihres Heilpädagogik-Studiums in Caransebes absolviert. Ihren Praktikumsbericht können Sie hier lesen.

Hier können Sie die letzten sechs Projektberichte herunterladen.

Weiterführende Informationen zu dem Projekt können Sie per Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erfragen.

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